Weinbau am Steilhang: Sensoren messen Trockenstress
Am Steilhang in Seußlitz hat das EXPRESS-Team digitale Sensorik zur Bestimmung des Pflanzenzustands installiert. Im Fokus steht die Versorgung der Pflanzen mit Wasser.
Über 250 Jahre ist es her, dass zuletzt über einen längeren Zeitraum so wenig Regen fiel wie in den letzten beiden Jahren. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie des Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ). Bis 1766 gehen die untersuchten Daten zurück: Kurz zuvor war der Siebenjährige Krieg zu Ende gegangen, die heutigen USA waren noch britische Kolonien und in Leipzig hatte der 17-jährige Johann Wolfgang Goethe gerade zu studieren begonnen.
Auch in diesem Jahr ist ein Großteil der landwirtschaftlichen Flächen von Dürre betroffen. Da anzunehmen ist, dass die Häufigkeit von Trockenperioden zukünftig noch zunehmen wird, gewinnen nicht nur Maßnahmen zur Abmilderung des Klimawandels an Bedeutung, sondern auch Anpassungsstrategien an die Folgen, die wir heute schon zu spüren bekommen.
Das betrifft in der Landwirtschaft unter anderem die Frage, wie eine optimale Wasserversorgung von Pflanzenbeständen möglichst ressourcenschonend gewährleistet werden kann. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist das Wissen um den jeweiligen Zustand von Pflanzen und Böden. Verschiedene Technologien ermöglichen es heute, diesen Zustand genauer zu messen als jemals zuvor.
Sensoren bestimmen den Trockenstress von Pflanzen
Auf einem Weinberg bei Seußlitz haben Forschende aus dem EXPRESS-Team nun unterschiedliche Sensorik aufgebaut, um deren Leistung in der Praxis zu erproben. Dabei geht es zum einen um die Messung von Wasserstress in der Pflanze. Hierfür haben Wissenschaftler vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung UFZ ein System zur Bestimmung des Crop Water Stress Index (CWSI) installiert. Dieser Index wurde entwickelt, um den Trockenstress von Pflanzen zu quantifizieren. Was einfach klingt, benötigt in Wirklichkeit eine Vielzahl an verschiedenen Daten.
So messen die installierten Sensoren nicht nur Windrichtung und -geschwindigkeit, Luftfeuchte und Temperatur. Auch die Nettostrahlung spielt eine wichtige Rolle. Darunter wird die Sonnenstrahlung verstanden, die auf eine bestimmte Oberfläche auftrifft, abzüglich jener Strahlung, die von der Oberfläche wieder abgegeben wird. Hinzu kommen zwei Sensoren, die die thermische Infrarotstrahlung, also die Oberflächentemperatur der Blätter, messen. Durch die Integration all dieser Daten ist es schließlich möglich, ein präzises Bild vom Trockenstress der Pflanzen zu erhalten.
Digitale Systeme ermöglichen intelligente Bewässerung
Mit einem zweiten System messen die Forschenden vom IMMS Institut für Mikroelektronik- und Mechatronik-Systeme den sogenannten Turgordruck. Dieser verhält sich gegensätzlich zum Wasserpotenzial und soll ebenfalls Auskunft über den Wasserbedarf der Pflanzen geben. Das genutzte System wurde ursprünglich für die intelligente Bewässerung von Olivenbäumen in Spanien entwickelt. Sechs über einen Schlag verteilte Sensoren messen dabei den Blattinnendruck und die Umgebungstemperatur. Die Druckmessung erfolgt jeweils zwischen den beiden Hälften eines Sensors an einem Blatt dazwischen.
Die so ermittelten Daten werden dann per Funk an ein Gateway geschickt und mit Informationen über den jeweiligen Schlag kombiniert, die vor Installation des Systems in der zugehörigen App angegeben werden. In der Cloud des Herstellers werden dann die Schlag-spezifisch ausgewerteten Daten angezeigt.
Nun bleibt abzuwarten, wie sich die installierten Systeme in der Anwendung bewähren. Schon bei deren Aufbau zeigte es sich, dass die Lage im Steilhang und die geringe Breite des Blattwerks entscheidend sind für die Ausrichtung der Strahlungssensoren. Ein gewisses Maß an Erfahrung sollte für deren Installation daher bereits vorhanden sein.