Automatisierte Maschinen im Obstbau – Erprobungen
Immer häufiger sind in der Landwirtschaft Buzzwords wie KI-gesteuerte, (teil-) automatisierte oder autonome Maschinen anzutreffen. Wie etabliert sind solche Lösungen bereits in der Landwirtschaft? Wie ist der Stand der Technik solcher Maschinen? Lohnt sich eine automatisierte Maschine für alle Arbeitsgänge im Obstanbau oder sind bei manchen vielleicht doch herkömmliche Methoden geeigneter? Im Experimentierfeld EXPRESS hat das Forschungsteam im August und September 2022 – zusammen mit einem der Praxispartner des Forschungsprojekts, der Obstland Dürrweitzschen AG, und der Innotrac 2020 GmbH – erste Erprobungen des automatisiert fahrenden Innotracs durchgeführt. Ziel dieser Erprobungen ist u. a. die Bewertung des Potentials solcher robotischen Systeme zur Reduktion von Arbeitslasten von Landwirtinnen und Landwirten im Obstbau und um die Auswirkungen einer späten Bodenbearbeitung zu beobachten.
Anfang August 2022 startete die erste Erprobung des Innotracs bei bestem Wetter und gut 37 °C auf der Versuchsfläche unseres Praxispartners, der Obstland Dürrweitzschen AG, in Zschockau, Sachsen.
Ausblick
Im Verlauf der zwei Erprobungen haben wir viele neue Eindrücke sowohl von der Arbeit eines Traktoristen als auch von der vielleicht zukünftigen Arbeitsweise einer autonomen Maschine auf einem Apfelschlag erhalten. Auch für die weitere Forschung und Erprobung autonomer Maschinen in der Landwirtschaft haben sich interessante neue Fragestellungen ergeben: Sollte in Zukunft wirklich jeder Arbeitsgang durch eine autonome Maschine durchgeführt werden können? Gibt es Arbeitsgänge, bei denen ein Traktorist die Arbeiten effizienter ausführt? Auch um beurteilen zu können, ob autonome Maschinen das Potential haben, die Arbeitslast von Landwirtinnen und Landwirten im Obstbau zu reduzieren, sind noch weitere Erprobungen mit der Durchführung unterschiedlicher Arbeitsgänge notwendig. Im November 2022 soll die 3. Erprobung des Innotracs erfolgen, bei der ein Laubwandschnitt durchgeführt werden soll. Da dieser Arbeitsgang in der Regel ein sehr konzentriertes Arbeiten erfordert und nur bei sehr geringer Geschwindigkeit ausgeführt werden kann, sind wir umso gespannter, wie der Innotrac diesen Arbeitsgang bewältigen wird.
Uns bei EXPRESS ist es wichtig, gemeinsam mit den Obstbaubetrieben aus der Region Lösungen zu erarbeiten und zu evaluieren. Dies wollen wir auch in Zukunft weiterführen und dabei auch auftretende Fragen oder Probleme der landwirtschaftlichen Betriebe aufgreifen. Sollten Sie Themen zur Diskussion, Anregungen oder Kritik haben, würden wir uns über Ihre Nachricht freuen.
Der Innotrac ist eine landwirtschaftliche Maschine, die sich gerade noch in der Entwicklung befindet und in Zukunft automatisiert über Felder fahren soll, um landwirtschaftliche Arbeitsprozesse für z. B. die Bodenpflege auszuführen. Für eine optimale und gute Weiterentwicklung sind Erprobungen unter realen Bedingungen äußerst wichtig. Hierbei hat das EXPRESS Forschungsteam die Innotrac 2020 GmbH diesen Sommer begleitet.
Für die automatisierten Fahrten zwischen den Obstzeilen ist der Innotrac derzeit mit einem Lidar-Sensor ausgestattet, der mit Hilfe von Infrarotstrahlung im Weg stehende Objekte ertasten und erkennen kann. Diese Art der Objekterkennung ist ein wichtiger Bestandteil für das zukünftige automatisierte Fahren. Fahrten außerhalb der Fahrgassen und der Wechsel zwischen zwei Fahrgassen sollen in Zukunft über GPS gesteuert werden. Sobald Objekte wie Steine, Personen, Tiere etc., die im Weg stehen, detektiert wurden, wird die Ausführung des Arbeitsgangs gestoppt. Entsprechend den rechtlichen Regularien darf der Innotrac aktuell noch nicht selbstständig fahren, weshalb die Geschwindigkeit der Maschine bei der Erprobung derzeit manuell geregelt werden muss. Gute 10 bis 12 Stunden könnte der Innotrac in Zukunft durchgängig mit seinem 100 Liter fassenden Tank arbeiten.
Für die erste Erprobung wurde der Innotrac mit einer Rollhacke zur Baumstreifenbearbeitung ausgestattet, die einen wichtigen Bestandteil für die Beikrautregulierung unter den Apfelbäumen darstellt (s. Abbildung 1 linkes Bild). Bei der zweiten Erprobung wurde zusätzlich ein Mulcher befestigt (s. Abbildung 1 rechtes Bild). Während der beiden Erprobungen fuhr die Maschine sehr kontrolliert durch die Zeilen der Apfelplantage. Es wurden mehrmals Stopps eingelegt, um die Arbeiten der Maschine zu analysieren, zu überprüfen und weiteren Anpassungsbedarf zu ermitteln.
Im professionellen Apfelanbau werden die Apfelbäume meist auf schwach wachsende Unterlagen veredelt. Um eine Konkurrenz um Wasser und Nährstoffe mit unerwünschten Beikräutern zu verhindern, ist eine regelmäßige Baumstreifenbearbeitung nötig, um den Apfelbäumen optimale Wuchsbedingungen zu ermöglichen. Im biologischen Anbau ist die mechanische Bodenbearbeitung die einzige praktikable Möglichkeit, das Beikraut im Baumstreifen zu regulieren, da der Einsatz von Herbiziden verboten ist. Aber auch im konventionellen Anbau hilft die mechanische Bodenbearbeitung, den Einsatz von Herbiziden zu reduzieren. Aus diesem Grund haben wir uns den Arbeitsprozess der mechanischen Baumstreifenbearbeitung für die ersten beiden Erprobungen ausgesucht. Auch vor dem Hintergrund, dass bekannte Herbizide wie Roundup mit dem Wirkstoff Glyphosat in absehbarer Zeit europaweit verboten werden, kommt der mechanischen Baumstreifenbehandlung immer größere Bedeutung zu. Dem stehen jedoch Nachteile gegenüber wie z. B. häufiges Bearbeiten, die Duldung von nicht ganz sauberen Baumstreifen sowie höhere Betriebskosten.
Parallel zu den Fahrten des Innotracs fuhr ein Traktorist der Obstland Dürrweitzschen AG durch andere Fahrgassen der Versuchsfläche. Der Traktorist war mit einem Hackrahmen mit integrierter Roll- und Fingerhacke unterwegs, wodurch sehr hohe Arbeitsgeschwindigkeiten (15 km/h) erzielt werden. Die Tests im Juli und August haben gezeigt, dass die Arbeitsgänge von einem ausgebildeten Traktoristen effizienter und effektiver ausgeführt werden. Dies liegt jedoch nicht an einer Beschränkung der Technologie an sich, sondern dem Entwicklungsstand des Innotracs zu diesem Zeitpunkt. Weitere Erprobungen und Weiterentwicklungen sind also sehr wichtig, damit am Ende ein marktreifes Produkt entstehen kann. Es wird davon ausgegangen, dass zukünftig der Einsatz automatisierter Geräte dabei helfen wird, den Arbeitskräfte-Aufwand zu senken und monotone Arbeitsprozesse abzubauen. Jedoch ist auch zu berücksichtigen, dass der Aufbau und das Monitoring des Innotracs von geschultem Fachpersonal ausgeführt werden muss. Dies ist derzeit noch mit viel Aufwand verbunden, zudem ist bisher nur wenig geschultes Personal verfügbar.
Parallel zu den Erprobungen des Innotracs wurden zwei Bereiche der Anlage mit einem vom IMMS entwickelten Sensornetz ausgestattet, welches unter anderem Mikroklimadaten und Bodenfeuchte sowie -temperatur erfasst. Mithilfe unterschiedlicher Messungen konnte nachgewiesen werden, dass durch die späte und damit eher untypische Bodenbearbeitung Unterschiede zwischen den bearbeiteten und unbearbeiteten Baumstreifen vorlagen.
Abbildung 2 zeigt den Bodenfeuchteverlauf in ca. 25 cm Tiefe eines mechanisch mit der Rollhacke bearbeiteten Baumstreifens (hellblaue Linie) im Vergleich mit einem unbearbeiteten Baumstreifen (dunkelblaue Linie). Der Vergleich beider Feuchtekurven zeigt, dass es bei der bearbeiteten Variante durch die Brechung der Kapillaren zu einer deutlich verminderten Wasserverdunstung aus dem Boden kommt, als bei der unbearbeiteten Variante. An heißen Sommertagen kann damit ein wesentlicher Verdunstungsschutz erreicht werden. Gleichzeitig verhindern allerdings die zerstörten Kapillaren, das bei starken Niederschlägen das Wasser schnell wieder in die trockenen Bodenbereiche geleitet wird und es dauert deutlich länger, bis der Boden wieder ausreichend Wasser aufgenommen hat, als es bei einer ungestörten Bodenoberfläche der Fall ist.
Die eingesetzte Roll- und Fingerhacke führt zu einer Durchmischung der oberen Bodenschicht, was die Aktivität der Bodenlebewesen erhöht und somit zu einer im Juli/August unerwünschten Stickstoffmobilisierung führte. Dies kann zu einem verzögertem Triebabschluss, unerwünschtem späten Neuaustrieb und mangelnder Deckfarbausbildung der Früchte führen. Die Zerstörung der Kapillaren vermindert die Feuchtigkeitsverluste im Boden, führt aber auch zu einer langsameren Aufnahme der Niederschläge bei kurzzeitigen Regengüssen in die Wurzelzone. Durch die verbauten Bodenfeuchtesensoren unseres Projektpartners IMMS auf der Versuchsfläche der Obstland Dürrweitzschen AG (siehe Abbildung 2) und durch eine Nmin Untersuchung* (siehe Abbildung 3) konnten teilweise deutliche Unterschiede zwischen den bearbeiteten und unbearbeiteten Baumstreifen festgestellt werden. Mithilfe weiterer Messungen und Untersuchungen vor und nach unseren Erprobungen werden wir die Reaktionen des Bodens weiter beobachten.
Ausblick
Im Verlauf der ersten zwei Erprobungen haben wir Einblicke sowohl in die Arbeit eines Traktoristen als auch in die vielleicht zukünftige Arbeitsweise einer automatisierten Maschine auf einem Apfelschlag erhalten. Durch die Erprobungen konnten alle Partner ein besseres Gefühl für zukünftige Technologien und Visionen in die Landwirtschaft von morgen sowie der damit verbundenen Herausforderungen erhalten. Bis der Innotrac komplett automatisiert übers Feld fährt, wird es noch dauern. Es müssen noch viele unterschiedliche Anbaugeräte und Anwendungsszenarien getestet werden, um den Innotrac dementsprechend technologisch anzupassen. Zur Realisierung der sicherheitsrelevanten Anforderungen ist eine Zusammenarbeit mit der Berufsgenossenschaft und dem Fraunhofer Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme (IVI) unter Koordinierung der Innotrac 2020 GmbH vorgesehen.
Um beurteilen zu können, inwiefern automatisierte Maschinen das Potential haben, die Arbeitslast von Landwirtinnen und Landwirten im Obstbau zu reduzieren, sind somit noch weitere Erprobungen mit der Durchführung unterschiedlicher Arbeitsgänge notwendig.
Demnächst erfolgt die dritte Erprobung des Innotracs, bei der ein mechanischer Laubwandschnitt durchgeführt werden soll. Da dieser Arbeitsgang in der Regel ein sehr konzentriertes Arbeiten erfordert und nur bei sehr geringer Geschwindigkeit ausgeführt werden kann, sind wir umso gespannter, wie der Innotrac diesen Arbeitsgang bewältigen wird.
Dem Forschungsteam des Experimentierfelds EXPRESS ist es wichtig, gemeinsam mit den Obstbaubetrieben aus der Region Lösungen zu erarbeiten und zu evaluieren. Dies wollen wir auch in Zukunft weiterführen und dabei auch auftretende Fragen oder Probleme der landwirtschaftlichen Betriebe aufgreifen. Sollten Sie Themen zur Diskussion, Anregungen oder Kritik haben, freuen wir uns über Ihre Kontaktaufnahme.
* Der Nmin-Wert ergibt sich aus der Summe aus Nitrat-Stickstoff (NO3-N) und Ammonium-Stickstoff (NH4-N) und gibt die verfügbare Stickstoffmenge im Boden an.
Autorinnen: Loana Ebenthal, Jördis Arnecke