Fünf Jahre Experimentierfeld – Ein Rückblick

Fünf Jahre Experimentierfeld – Ein Rückblick

Rückblick auf »Fünf Jahre EXPRESS«

Am 6. August 2024 fand auf dem Weingut Schloss Proschwitz die Veranstaltung »Fünf Jahre EXPRESS« statt. Gemeinsam mit Partnerbetrieben und Expert*innen aus Wissenschaft und Praxis wurden mit ca. 40 Teilnehmenden die Erfolge des Forschungsprojekts festlich begutachtet und gleichzeitig der Blick in die Zukunft gerichtet.

Den Startpunkt der Veranstaltung bildete die Begrüßung von Ingolf Römer, Martin Schieck und Georg Prinz zur Lippe, die sowohl in den Tag einführten, als auch gemeinsam auf die fünf Jahre Projektlaufzeit zurückschauten (siehe Video auf der Veranstaltungsseite). Der ehemalige Projektkoordinator Ingolf Römer und sein Nachfolger Martin Schieck von der Universität Leipzig nutzten die Projektvision und das »Visionäre Zielbild 2024« um die gesteckten Ziele auf den Prüfstand zu stellen. Von der »Erprobung neuer Technologien« über die »Befähigung von Landwirt*innen« bis hin zur Berücksichtigung der »Balance zwischen Ökologie und Wirtschaftlichkeit« wurden Schritt für Schritt die Erfolge und Rückschläge besprochen. Zum ersten Ziel, der »Erprobung neuer Technologien«, bemerkte Ingolf Römer, dass Erprobung nicht gleich Erprobung sei. Für den Einsatz von Sprühdrohnen und die Zulassung dieser Geräte leistete das Experimentierfeld beispielsweise Pionierarbeit. Zu Beginn des Experimentierfelds gab es zunächst keine Genehmigungspraxis für den Einsatz großer Drohnen im Weinbau. Dabei bestand von Beginn an ein großer Bedarf an solchen Geräten, da sie das Potenzial haben, anstrengende manuelle Pflanzenschutzarbeiten zu ersetzen. Praxistauglichkeit heißt hier nicht nur: Funktioniert die technische Lösung zuverlässig? Sondern auch: Unter welchen Bedingungen darf sie genutzt werden und rechnet sich die Anschaffung? Hinzukommt: »Nicht jede Technologie ist zum heutigen Zeitpunkt einsatzbereit«, so Martin Schieck. So wurden zwar umfassend die Potenziale von Virtueller Realität und Augmented Reality erprobt, doch sind die am Markt erhältlichen Geräte bisher für die Nutzung in geschlossenen Räumen konzipiert und halten den Anforderungen in der täglichen Feldarbeit noch nicht stand. Hier bestand die Arbeit des Experimentierfeldes darin, die thematischen Schwerpunkte mit ihren entsprechenden technischen Anforderungen näher zu definieren, damit Technologieunternehmen diese aufgreifen können.

EXPRESS hatte sich weiterhin zum Ziel gesetzt, ein »Schaufenster der Digitalisierung« zu sein. Das ist über die vielfältigen Veranstaltungen und das Interesse von unterschiedlichsten Akteuren gelungen. So sei laut Ingolf Römer beispielsweise die Idee der Experimentierfelder auch an weitere Orte gewandert, beispielsweise nach Österreich, nachdem eine Delegation aus der Steiermark sich vor Ort vom Konzept überzeugt hatte. Aber auch sonst gelang es, mit der Mobilen Scheune vielfältige Veranstaltungen direkt vor Ort im landwirtschaftlichen Betrieb durchzuführen.

Georg Prinz zur Lippe betonte schließlich noch die Kommunikation auf Augenhöhe, die eine wichtige Voraussetzung für praxisnahes Forschen und Erproben sei und in diesem Projektkontext bisher sehr gut gelungen sei. Denn aus einer städtischen Sicht sehe man häufig die Probleme auf dem Land nicht: »Und ihr habt da einen großen Schritt gemacht, ins Land rein und habt eure Augen ganz weit aufgemacht. Und so muss Zusammenarbeit funktionieren«, betonte Prinz zur Lippe.

Mehrfach wurde deutlich: Verschiedene Akteure innerhalb und außerhalb des Projekts sprachen sich für eine Weiterführung der Arbeiten aus. Mittlerweile sei man etabliert. Das habe einige Jahre gedauert. Jetzt käme es darauf an, dass diese Struktur nicht einfach wegbräche, »denn an keinem dieser Ziele ist man am Ende der Arbeit angelangt«, so Ingolf Römer.

Im Anschluss an die Begrüßung und den ausführlichen Rückblick auf die Forschungsarbeit im Experimentierfeld EXPRESS folgte ein Rundgang durch die verschiedenen Arbeitsschwerpunkte entlang von fünf Stationen.

Am Stand »Augmented und Virtual Reality« sprach Arne Präger von der Universität Leipzig über die gesetzten Forschungsschwerpunkte. Es wurde sowohl die Ausgangssituation zu Projektbeginn und der entwickelte Prototyp als auch aktuelle Hürden und mögliche Einsatzpotentiale aufgezeigt. Dabei kamen immer wieder Diskussionen zu möglichen Einsatzszenarien auf, bei denen vor allem die Praxistauglichkeit im Fokus stand. Häufig wurde zum Beispiel angesprochen, dass Anwendungen zukünftig mehrere Sprachen unterstützen müssen, da Saisonkräfte teils kein Deutsch sprechen können.

Maximilian Nerlich vom Smart Farming Lab der Universität Leipzig präsentierte an einer weiteren Station die Einsatzmöglichkeiten von »Sprühdrohnen im Weinbau«. Der gezeigte Workflow umfasste die Vermessung des Weinbergs mit einer Kameradrohne, die softwareseitige Auswertung der Daten und den Sprühflug mit der Sprühdrohne. Die Diskussionen thematisierten besonders die derzeitige Rechtslage, technische Details wie Flächenleistung, Windresistenz sowie Applikationsrate und die notwendige Infrastruktur für den Einsatz der Drohnen.

Am Stand des IMMS Institut für Mikroelektronik- und Mechatronik-Systeme gemeinnützige GmbH aus Ilmenau drehte sich alles um das Thema »Sensorik«. Präsentiert wurden Forschungsergebnisse zu den Schwerpunkten Frostmonitoring, Einsatz von Sensoren zur Bodenfeuchtemessung und die Demonstration einer modularen Sensorplattform.
Auf besonderes Interesse stieß ein Prototyp zur vollautomatischen Bewässerungssteuerung für landwirtschaftliche Kulturen. Mehrere Interessenten könnten sich vorstellen, solch eine Bewässerungssteuerung auch in ihrem Betrieb einzusetzen. Allgemein bestand großes Interesse an einer weiteren Zusammenarbeit und an der Fortführung der gezeigten Themen.

Dr. Rikard Graß, Hannes Mollenhauer und Hannah Boedeker vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung UFZ präsentierten die während der Projektlaufzeit entwickelten innovativen Lösungen zur modellgestützten Entscheidungsunterstützung von Pflanzengesundheit und Trockenstress. Dafür erklärten Sie den daten- und modellgetriebenen Informationsfluss anhand der Demonstratoren. Die Demonstratoren sind das skalenübergreifende Trockenstressmonitoring und die Bewässerungssteuerung im Steillagenweinberg. Weiterhin wurde das Pflanzenmonitoring in maschinell bewirtschafteten Weinbergen gezeigt, das 4D-Pflanzenmonitoring mittels Stereokameras sowie die sensorbasierte Phänotypisierung von Blühzeitpunkt und Trockenstresstoleranz in der Obstzüchtung. Zudem erläuterte das Team vom UFZ die verwendeten Simulationsmodelle und die automatisierten Workflows zur Auswertung von Drohnen- und Stereoaufnahmen genauer. Im letzten Teil der Präsentation wurde über den Wissenstransfer gesprochen. Hier wurde auf die in der Praxis nutzbare Vitimeteo-Plattform, die im Projekt entwickelten Dashboards und die verbliebenen Herausforderungen eingegangen.

In den anschließenden Diskussionen interessierten die Teilnehmenden besonders die Verteilung und Auslegung der Sensorik und die nötige Auslegung der Bodenfeuchteerfassung. Auch der Einsatz von Drohnen zur Abschätzung der räumlichen Variabilität von Trockenstress und der Rebvitalität stieß auf großes Interesse, insbesondere in Bezug auf die Ableitung von Handlungsoptionen für gezielte Auslegung und Steuerung einer Bewässerung. Ein weiterer Diskussionspunkt war das Potenzial von Pflanzenschutzvorhersagen durch Vitimeteo, insbesondere für Nebenerwerbs- und Hobbywinzer*innen, die durch eine flexiblere Gestaltung ihrer Spritztermine gegebenenfalls stärker von Vorhersagen profitieren können.

An der Station zum Thema »Wissenstransfer« wurde durch Valentin Knitsch vom Fraunhofer Zentrum für Internationales Management und Wissensökonomie IMW rekapituliert, warum in EXPRESS ein großer Teil der Arbeit aller Partner*innen auf die Umsetzung der am Fraunhofer IMW entwickelten Wissenstransferstrategie gesetzt wurde. Für ein solch breites Spektrum an Erprobung musste eine gemeinsame Sprache im Projekt entwickelt werden, damit Praxisakteure schnell den Sinn und Zweck sowie die Themen des Experimentierfeldes erfassen können. Dafür wurde sowohl eine interne Wissenstransferstrategie umgesetzt und gleichzeitig für die Kommunikation in den Außenraum mit vergleichsweise hohem Aufwand die Forschungsmarke EXPRESS entwickelt und etabliert. Die Erfolge lassen sich hier in Zahlen ausdrücken: Bis zum heutigen Tag besuchten allein die Webseite des Projektes knapp 19 000 Personen. Im Schnitt werden also durchschnittlich pro Quartal seit 2020 ca. 1 000 Besucher*innen registriert. Am Stand wurde weiterhin über die Voraussetzungen und Grenzen dieser Transfertätigkeit gesprochen. Schließlich wurde darüber diskutiert, dass für gute Transferarbeit die Rahmenbedingungen am Markt stimmen müssen. Transfer gelinge insbesondere dann, wenn auf Seiten der Forschung und auf Seiten der Praxis die Ressourcen für eine gute Kooperation gegeben sind.

Nach dieser Stationsarbeit fanden am Nachmittag Fishbowl-Diskussionen zu drei Themen statt:

  1. Digitalisierung in der Landwirtschaft – Wie können aktuelle Herausforderungen mit smarten Technologien gelöst werden?
  2. Kooperation mit Gewinn – Wie gelingt eine gute Zusammenarbeit von Landwirtschaftsbetrieben und Forschung?
  3. Digitale Experimentierfelder – Wie erreichen wir interessierte Partner*innen vor Ort und stärken die Region gemeinsam?

Wir bedanken uns für die rege Diskussionsteilnahme und die offenen und ehrlichen Einschätzungen aller Diskutierenden. Der Tag endete mit einem Kulturprogramm im Schloss Proschwitz und anschließendem Abendessen.

Das Team von EXPRESS bedankt sich bei allen, die diese Veranstaltung mit ermöglicht haben.

Hier erfahren Sie mehr zur Veranstaltung.

Veranstaltungsseite

Ansprechpartnerin

Juliane Welz
Wissens- und Technologietransfer

Fraunhofer-Zentrum für Internationales Management und Wissensökonomie IMW

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Ansprechpartner

Martin Schieck
Vernetzung und Projektmanagement

Wirtschaftswissen-schaftliche Fakultät der Universität Leipzig

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